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Keine erleichterte Fusion bei indirekten Beteiligungsverhältnissen

Keine erleichterte Fusion bei indirekten Beteiligungsverhältnissen

Rechtsprechung
Aktiengesellschaft (AG)
Fusionsgesetz
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Keine erleichterte Fusion bei indirekten Beteiligungsverhältnissen

Zusammenfassung von BGer 4A_110/2022, Publikation vorgesehen

Eine Aktiengesellschaft wollte mittels erleichterter Fusion eine GmbH übernehmen. Ein Rechtsanwalt hielt sämtliche Aktien der Aktiengesellschaft. An der GmbH war er zu 60% beteiligt. Die übrigen 40% des Stammkapitals gehörten einer anderen GmbH. Vom Kapital dieser zweiten GmbH entfiel auf den Anwalt eine Beteiligung von 91%, während die GmbH die übrigen 9% des Kapitals als eigene Stammanteile besass. Das Handelsregisteramt Zug verweigerte die Eintragung der Fusion mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für eine Fusion im erleichterten Verfahren nicht erfüllt seien. Das Verwaltungsgericht wies die durch die Aktiengesellschaft erhobene Beschwerde ab (Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 13. Januar 2022 [V 2021 53]).

Nach der Praxis des Eidgenössischen Amts für das Handelsregister ist eine erleichterte Fusion bei indirekten Beteiligungsverhältnissen ausgeschlossen (E. 5.1). Begründet wird diese Auffassung insbesondere mit dem Schutz der Gläubiger der zwischengeschalteten Gesellschaft(en). Gestützt auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise befürwortet demgegenüber ein grosser Teil der Lehre die erleichterte Fusion für Schwestergesellschaften unterschiedlicher Stufe, das heisst wenn der übergeordnete Rechtsträger die Anteile an einer der beiden oder an beiden Schwestergesellschaften über vollständig gehaltene Zwischengesellschaften besitzt (E. 5.2.1).

Indessen sieht das Gesetz einen Numerus clausus zulässiger Fusionen und sonstiger Umstrukturierungen vor (E. 6.1). Auch hinsichtlich der erleichterten Fusion sind die Tatbestände abschliessend aufgezählt (E. 6.2). Unter Art. 23 Abs. 1 lit. b FusG muss der übergeordnete Rechtsträger alle (Stimmrechts-)Anteile der an der Fusion beteiligten Kapitalgesellschaften besitzen. Anknüpfungspunkt ist einzig und unmittelbar der Besitz der Anteile der an der Fusion beteiligten Gesellschaften. Das Gesetz sieht die erleichterte Fusion für Fälle indirekter Beteiligungsverhältnisse nicht vor. Ein solcher Formalismus ist nicht Selbstzweck, sondern steht im Dienste von Rechtsklarheit, Rechtssicherheit und Transparenz. Die vom Gesetzgeber bewusst so gewollte Regelung ist für die rechtsanwendenden Behörden massgebend (E. 6.3). Es liegt keine Gesetzeslücke vor. Das Handelsregisteramt hat die Eintragung der Fusion im erleichterten Verfahren zu Recht verweigert (E. 6.5). Die Beschwerde ist abzuweisen (E. 9).

(Autor der Zusammenfassung: Harald Bärtschi; vgl. dazugehörende Urteilskommentierung)

iusNet GR 29.09.2022