Schulthess Logo

Gesellschaftsrecht > Fachbeitraege > Konfliktmineralien und Kinderarbeit: Handlungsbedarf für KMU

Konfliktmineralien und Kinderarbeit: Handlungsbedarf für KMU

Konfliktmineralien und Kinderarbeit: Handlungsbedarf für KMU

Fachbeitrag
Gesellschaftsrecht
Rechnungslegung

1. Hintergrund

Nachdem die Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 am Ständemehr gescheitert war, traten Anfang Januar 2022 die neuen Transparenz- und Sorgfaltspflichten des indirekten Gegenvorschlags in Kraft. Gemäss der Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. Juni 2020 finden die Regeln erstmals auf das Geschäftsjahr 2023 Anwendung. Die im Rahmen der Aktienrechtsrevision erlassenen Transparenzvorschriften für Rohstoffunternehmen gelten bereits seit Anfang Januar 2021 und erstmals für das Geschäftsjahr 2022.

Von den neuen Pflichten können auch kleine und mittlere Schweizer Unternehmen (KMU) betroffen sein. Das gilt namentlich im Bereich der Konfliktmineralien und Kinderarbeit. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, unter welchen Umständen ein Handlungsbedarf besteht. Dabei fragt sich, ob ein KMU in den Geltungsbereich der Vorschriften fällt. Ist dies zu bejahen, ist der Inhalt der anwendbaren Bestimmungen zu klären. Darauf kann vorliegend nicht im Detail eingegangen werden (hierzu etwa Harald Bärtschi/Stephanie Stohwasser, § 69a Transparenz- und Sorgfaltspflichten, in: Fabiana Theus Simoni/Isabel Hauser/Harald Bärtschi [Hrsg.], Handbuch Schweizer Aktienrecht, 2. Aufl., Basel 2022, S. 1174 ff.). Verstösse gegen die Berichtspflichten sind strafbar (vgl. Art. 325bis und Art. 325ter StGB).

Wenn ein KMU grenzüberschreitend tätig ist, hat es zudem den Geltungsbereich ausländischer Vorschriften zu beachten. Neben den Regeln der EU seien beispielsweise das französische Sorgfaltspflichten- oder das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erwähnt.

2. Transparenz über nichtfinanzielle Belange

Angelehnt an die bisherige Non-Financial-Reporting-Richtlinie der EU (RL 2014/95/EU) verlangt nun auch das Schweizer Recht gewisse Offenlegungen zu Nachhaltigkeitsaspekten (vgl. Art. 964b OR). Es geht namentlich um Umwelt- und Sozialbelange. Zu berichten ist über finanziell sowie ökologisch oder sozial wesentliche Punkte der Geschäftstätigkeit. Massgeblich ist im Sinne der doppelten Materialität nicht nur der Einfluss von Nachhaltigkeitsfaktoren auf den Unternehmenswert («outside in», finanzielle Wesentlichkeit), sondern auch die Auswirkung der Geschäftstätigkeit auf die Umwelt und Stakeholder («inside out», ökologische und soziale Wesentlichkeit). Im Bereich der Klimaberichterstattung ist die neue Verordnung zu beachten, welche sich auf die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) des Financial Stability Board (https://www.fsb-tcfd.org) stützt. Der jährliche Bericht über nichtfinanzielle Belange ist von der Generalversammlung zu genehmigen und durch den Verwaltungsrat veröffentlichen zu lassen (vgl. Art. 964c OR).

Der Transparenzpflicht unterstehen lediglich grosse Unternehmen. Erfasst werden hauptsächlich Gesellschaften mit Anleihensobligationen oder börsenkotierten Beteiligungspapieren, mindestens 500 Vollzeitstellen und zugleich einer Bilanzsumme von über CHF 20 Mio. oder einem Umsatzerlös von über CHF 40 Mio. (vgl. Art. 964a Abs. 1 OR).

Versteht man unter einem KMU ein marktwirtschaftliches Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten (vgl. etwa die Definition in Art. 2 lit. e FusG), sind KMUs vom Geltungsbereich der Vorschriften zur Transparenz über nichtfinanzielle Belange ausgeklammert. Aufgrund der positiven Aussenwirkung einer nachhaltigen Unternehmensführung und der möglichen Impulse für die Unternehmensstrategie sowie zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit kann es sich indessen für ein KMU lohnen, auf freiwilliger Basis einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen.

Die neue Richtlinie der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) mit dem eigenen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandard (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) sieht eine erweiterte Anwendung auf «grosse Unternehmen» mit EUR 20 Mio. Bilanzsumme oder EUR 40 Mio. Nettoumsatzerlös beziehungsweise 250 Beschäftigten vor. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zum obligatorischen Bestandteil des Lageberichts. Bei einer Börsennotierung werden auch KMU erfasst, allerdings mit einem verzögerten Inkrafttreten voraussichtlich per Anfang 2026.

3. Transparenz bei Rohstoffunternehmen 

Beim Bezug von Rohstoffen aus Entwicklungsländern besteht das Risiko der Misswirtschaft und Korruption sowie der Verwendung von Zahlungen an lokale Regierungen zur finanziellen Unterstützung von Konflikten. Die Transparenzpflichten für Rohstoffunternehmen dienen insbesondere der Bekämpfung der Bestechung von ausländischen Behörden und Amtsträgern. Die gesetzlichen Pflichten zielen auf die Erstellung eines jährlichen Berichts über die getätigten Zahlungen oder erbrachten Sachleistungen (Art. 964e OR) an staatliche Stellen ab CHF 100'000 pro Geschäftsjahr (vgl. Art. 964f Abs. 2 OR). Die Schweizer Regelung (Art. 964d ff. OR) orientiert sich am Recht der EU.

Erfasst werden Unternehmen, deren Tätigkeit sich dauerhaft oder vorübergehend auf die Gewinnung von Mineralien, Erdöl beziehungsweise Erdgas oder den Einschlag von Holz in Primärwäldern (Urwäldern) erstreckt (Art. 964d Abs. 1 OR). Der Bundesrat ist befugt, den Anwendungsbereich auf Rohstoffhändler auszudehnen (Art. 964i OR). Zusätzlich muss das Unternehmen von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sein. Folglich unterstehen der Regelung Gesellschaften mit ausstehenden Anleihensobligationen beziehungsweise börsenkotierten Beteiligungspapieren sowie solche mit einer Bilanzsumme von über CHF 20 Mio., mit einem Umsatzerlös von über CHF 40 Mio. beziehungsweise mit mehr als 250 Vollzeitstellen (Überschreitung von zwei dieser drei Kriterien in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren; vgl. Art. 727 Abs. 1 OR).

4. Pflichten beim Handel mit Konfliktmineralien 

Im Zusammenhang mit Konfliktmineralien und Kinderarbeit statuiert das Gesetz neben Offenlegungs- gewisse Sorgfaltspflichten. Auch KMU stehen unter Umständen in der Pflicht, ihre Lieferketten mit den vorgelagerten Wirtschaftsbeteiligten zu überwachen. Natürliche Personen und Personengesellschaften, welche ein Gewerbe betreiben, können ebenfalls in den Anwendungsbereich der Regeln fallen, wie sich aus der Verordnung über Sorgfaltspflichten und Transparenz bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit (VSoTr, SR 221.433) ergibt (Art. 2 Abs. 1 lit. a VSoTr).

Angesprochen sind Unternehmen mit formellem oder faktischem Sitz beziehungsweise Hauptverwaltung in der Schweiz, welche Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold enthaltende Mineralien oder Metalle aus Konflikt- und Hochrisikogebieten einführen (das heisst in den zollrechtlich freien Verkehr der Schweiz überführen) oder in der Schweiz bearbeiten (Art. 964j Abs. 1 Ziff. 1 OR).

Die Vorschriften gelangen nur zur Anwendung, wenn die jährlichen Einfuhr- beziehungsweise Bearbeitungsmengen (Art. 964j Abs. 2 OR; Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang 1 VSoTr) überschritten werden. Das Unternehmen ist folglich von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten befreit, wenn es unterhalb der Grenzwerte bleibt. Ein Unternehmen darf beispielsweise bis zu fünf Tonnen Zinnerze oder zehn Tonnen Zinnchloride pro Jahr importieren. Bei Tantalaten liegt die maximale jährliche Menge bei lediglich 30 kg. Stammen die Metalle nachweislich einzig aus Rezyklierung, wäre eine Rückverfolgung kaum praktikabel. Deshalb statuiert Art. 12 Abs. 3 VSoTr hierfür eine Ausnahme von der Sorgfalts-, nicht aber von der Berichterstattungspflicht.

Unter Konflikt- und Hochrisikogebieten werden einerseits Gebiete verstanden, in denen bewaffnete Konflikte geführt werden oder welche sich nach Konflikten in einer fragilen Situation befinden (Art. 2 Abs. 1 lit. e VSoTr). Anderseits geht es um Gebiete, in denen die Staatsführung und die Sicherheit schwach oder nicht vorhanden sind. Zusätzlich müssen in diesen Gebieten weitverbreitete und systematische Verstösse gegen internationales Recht stattfinden. Als aktuelle Beispiele können Gebiete der Länder Ukraine, Afghanistan, Somalia, Kongo oder Mexiko genannt werden (vgl. die unverbindliche Liste auf https://www.cahraslist.net/cahras).

Unternehmen sind von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten ausge­nommen, soweit sie sich vollumfänglich an ein international anerkanntes gleichwer­tiges Regelwerk halten (Art. 964j Abs. 4 OR). Dazu gehören der OECD-Leitfaden für Konfliktmineralien (OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas, 3. Auflage 2016) oder die Verordnung (EU) 2017/821 (Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Anhang 2 Teil A VSoTr).

Ein Schweizer KMU, welches entsprechende Mineralien oder Metalle einführt oder bearbeitet und sich nicht vollumfänglich an einen der erwähnten internationalen Standards hält, hat folglich die Herkunftsländer und die bezogenen Mengen zu überprüfen.

Untersteht das KMU den Vorschriften, muss es ein Managementsystem führen, darin seine Lieferkettenpolitik festlegen und die Risiken schädlicher Auswirkungen in der Lieferkette ermitteln (Art. 964k OR). Das Unternehmen hat einen Risikomanagementplan zu erstellen und Massnahmen zur Minimierung der festgestellten Risiken zu treffen. Die Einhaltung der Sorgfaltspflichten ist jedes Jahr durch eine unabhängige Fachperson (Revisionsunternehmen) prüfen zu lassen. Das Unternehmen erstattet jährlich über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten Bericht und veröffentlicht diesen Bericht (Art. 964l OR).

5. Pflichten zur Eindämmung von Kinderarbeit

Betroffen sind Unternehmen mit formellem oder faktischem Sitz beziehungsweise Hauptverwaltung in der Schweiz, welche Produkte oder Dienstleistungen anbieten, bei denen ein begründeter Verdacht besteht, dass sie unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht worden sind (Art. 964j Abs. 1 Ziff. 2 OR).

Der Begriff der Kinderarbeit wird ausführlich in Art. 2 Abs. 1 lit. f VSoTr umschrieben, und zwar gestützt auf die beiden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Nr. 138 (SR 0.822.723.8) und Nr. 182 (SR 0.822.728.2). Prioritär bekämpft werden die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, darunter die Sklaverei und schädliche beziehungsweise gefährliche Arbeit. Hierfür gilt ein Mindestalter von 18 Jahren. Ab einem Alter von 15 beziehungsweise zum Teil 14 Jahren ist nach Beendigung der Schulpflicht eine Beschäftigung von Jugendlichen grundsätzlich zulässig, leichte Arbeiten sind unter Umständen bereits ab 13 beziehungsweise 12 Jahren möglich. Nicht eingeschränkt werden Tätigkeiten im Kontext einer Berufsausbildung (vgl. Art. 2 Abs. 2 VSoTr). Massgeblich ist jeweils die innerstaatliche Gesetzgebung.

Grössere Unternehmen haben grundsätzlich zu prüfen, ob ein begründeter Verdacht auf Kinderarbeit besteht (Art. 5 Abs. 1 VSoTr). Ergibt diese Prüfung keinen begründeten Verdacht, kann sich das Unternehmen damit begnügen, diese Feststellung zu dokumentieren; von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten ist es befreit (Art. 5 Abs. 2 VSoTr). Hegt das Unternehmen aufgrund von internen oder externen Quellen einen Verdacht auf Kinderarbeit, hat es die Sache zu untersuchen. Begründet ist ein Verdacht, wenn dieser auf konkreten, belegten Hinweisen oder Wahrnehmungen beruht, welche einen Einsatz von Kinderarbeit befürchten lassen. Dass der einschlägige UNICEF-Index (vgl. https://www.childrensrightsatlas.org/country-data/workplace) für ein bestimmtes Land einen erhöhten Sorgfaltsmassstab vorschlägt, genügt noch nicht.

KMU sowie Unternehmen mit geringen Risiken im Bereich Kinderarbeit (vgl. Art. 7 Abs. 2 VSoTr) müssen nicht prüfen, ob ein begründeter Verdacht auf Kinderarbeit besteht (Art. 964j Abs. 3 OR). Auf diese Weise entfallen die Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten hinsichtlich der Kinderarbeit (Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 VSoTr). Als KMU gelten gemäss Art. 6 Abs. 2 VSoTr Unternehmen, welche in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der nachstehenden Grössen unterschreiten: eine Bilanzsumme von CHF 20 Mio., einen Umsatzerlös von CHF 40 Mio. und 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt.

Für die Annahme eines geringen Risikos darf ein Unternehmen auf das deklarierte Herkunftsland («made in») abstellen. Bei einer Einstufung durch den UNICEF-Index als «basic» ist das Risiko gering (Art. 7 Abs. 2 VSoTr). Eine derartige Risikoanalyse ist jährlich vorzunehmen. Bei einer Einstufung als mittel («enhanced») oder hoch («heightened») muss geprüft werden, ob ein begründeter Verdacht besteht. Das KMU braucht keine derartige Risikoeinstufung oder Prüfung vorzunehmen. Folglich ist die Qualifikation als KMU vorgängig zu prüfen.

Auch ein KMU oder Unternehmen mit geringen Risiken hat jedoch die Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten zu erfüllen, falls es Produkte oder Dienstleistungen anbietet, welche offensichtlich unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht worden sind (Art. 8 VSoTr). Es geht um krasse Fälle, welche ins Auge springen. Ein Verdacht genügt nicht. Eigene Nachforschungen sind nicht erforderlich. Die Pflichten gelangen zur Anwendung, wenn das KMU aus verlässlichen Quellen, etwa von Amtsstellen oder anderen Unternehmen, vom Einsatz der Kinderarbeit erfährt.

Ähnlich wie bei den Konfliktmineralien sind Unternehmen überdies von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten befreit, soweit sie sich vollumfänglich an ein international anerkanntes gleichwer­tiges Regelwerk halten (Art. 964j Abs. 4 OR). Dazu zählen die beiden ILO-Übereinkommen Nr. 138 und Nr. 182, soweit sich diese an Unternehmen richten, und kumulativ das ILO-IOE Child Labour Guidance Tool for Business vom 15. Dezember 2015 in Kombination entweder mit dem OECD-Leitfaden vom 30. Mai 2018 für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln oder den UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Anhang 2 Teil B VSoTr).

Zusammenfassend genügt es für ein Unternehmen, welches nach Massgabe der gesetzlichen Kriterien als KMU zu qualifizieren ist, sicherzustellen, dass kein offenkundiger Fall von Kinderarbeit vorliegt.

Checkliste

Vereinfachte Darstellung ohne Berücksichtigung von Beteiligungen und kontrollierten Unternehmen

  1. Ist das Unternehmen nur in der Schweiz tätig und liegt auch der faktische Sitz in der Schweiz? ► Falls nein: (kumulative) Anwendung ausländischer Vorschriften prüfen (Beispiele: Sorgfaltspflichtengesetz Frankreich, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz Deutschland).
  2. Erfüllt das Unternehmen die Kriterien von Art. 964a Abs. 1 OR (das heisst sind insbesondere die Beteiligungspapiere börsenkotiert oder hat das Unternehmen Anleihensobligationen ausstehend, beträgt in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die Anzahl Vollzeitstellen mindestens 500 im Jahresdurchschnitt und überschreitet zusätzlich in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren entweder die Bilanzsumme CHF 20 Mio. oder der Umsatzerlös CHF 40 Mio.)? ► Falls ja: nichtfinanzielle Berichterstattung vornehmen (Art. 964b OR).
  3. Ist das Unternehmen in der Gewinnung von Mineralien, Erdöl beziehungsweise Erdgas oder im Einschlag von Holz in Primärwäldern tätig (Art. 964d Abs. 1 OR)? ► Falls ja: Ist das Unternehmen zudem kraft Gesetzes zur ordentlichen Revision verpflichtet, das heisst hat es Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert beziehungsweise Anleihensobligationen ausstehend oder eine Bilanzsumme von über CHF 20 Mio., einen Umsatzerlös von über CHF 40 Mio. beziehungsweise mehr als 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt (Überschreitung von zwei dieser drei Kriterien in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren; vgl. Art. 727 Abs. 1 OR)? ► Falls ja: Jährlichen Bericht über die getätigten Zahlungen oder erbrachten Sachleistungen (Art. 964e OR) an staatliche Stellen ab CHF 100'000 pro Geschäftsjahr (vgl. Art. 964f Abs. 2 OR) erstellen und veröffentlichen (Art. 964g OR).
  4. Importiert oder bearbeitet das Unternehmen Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold enthaltende Mineralien oder Metalle (sofern Letztere nicht nachweislich einzig aus Rezyklierung stammen) und überschreitet es dabei die jährlichen Limiten (Art. 964j Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 OR; Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang 1 VSoTr)? ► Falls ja: Hält sich das Unternehmen vollumfänglich an ein international anerkanntes Regelwerk (OECD-Leitfaden für Konfliktmineralien oder Verordnung [EU] 2017/821)? ► Falls ja: Bericht verfassen und Regelwerk erwähnen. ► Falls nein: Prüfen, ob die Mineralien und Metalle aus Konflikt- und Hochrisikogebieten stammen. ► Falls nein: Befund dokumentieren (Art. 3 Abs. 2 VSoTr). ► Falls ja: Managementsystem für Lieferkettenpolitik führen und Risikomanagementplan erstellen (Art. 964k OR), jährliche Überprüfung durch Revisionsunternehmen, jährlichen Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten verfassen und veröffentlichen (Art. 964l OR).
  5. Bietet das Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen an, bei denen ein begründeter Verdacht auf Kinderarbeit besteht? ► Falls ja: Hält sich das Unternehmen vollumfänglich an ein international anerkanntes Regelwerk (ILO-Übereinkommen Nr. 138 und Nr. 182 sowie ILO-IOE Child Labour Guidance Tool for Business in Kombination mit dem OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln oder den UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte)? ► Falls ja: Bericht verfassen und Regelwerk erwähnen. ► Falls nein: Sind die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen offensichtlich unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht worden (Art. 8 VSoTr)? ► Falls ja: Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten einhalten. ► Falls nein: Unterschreitet das Unternehmen in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der nachstehenden Grössen: Bilanzsumme von CHF 20 Mio., Umsatzerlös von CHF 40 Mio. und 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt (Art. 6 Abs. 2 VSoTr)? ► Falls ja (KMU): Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten sind nur anwendbar, wenn der Einsatz von Kinderarbeit offensichtlich ist. ► Falls nein: Unternehmen muss jährlich prüfen, ob bei den angebotenen Produkten oder Dienstleistungen ein begründeter Verdacht besteht, dass sie unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht worden sind (Art. 964j Abs. 1 Ziff. 2 OR; Art. 5 Abs. 1 VSoTr), sofern das Risiko für Kinderarbeit gemäss dem deklarierten Herkunftsland nicht lediglich gering ist (UNICEF-Index «basic»; vgl. Art. 7 Abs. 2 VSoTr). ► Falls kein begründeter Verdacht besteht (Art. 964j Abs. 3 OR; Art. 5 Abs. 2 VSoTr): Negativen Befund dokumentieren. ► Falls begründeter Verdacht besteht: Managementsystem für Lieferkettenpolitik hinsichtlich der Produkte oder Dienstleistungen mit begründetem Verdacht auf Kinderarbeit führen und Risikomanagementplan erstellen (Art. 964k OR), jährlichen Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten verfassen und veröffentlichen (Art. 964l OR).
iusNet GR 29.09.2022